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Warum wir mehr Frauen in Führungspositionen brauchen

Warum wir mehr Frauen in Führungspositionen brauchen

Auch im Jahr 2023 sind Frauen in Führungspositionen immer noch stark unterrepräsentiert. In diesem Artikel schauen wir uns an, welche Gesetze und Maßnahmen es schon gibt, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Wir zeigen außerdem, warum es sinnvoll ist, mehr Führungspositionen durch Frauen zu besetzen. Welchen Hürden begegnen Frauen in ihrer Karriere und was muss sich ändern, damit mehr Gleichheit in der Führungsetage herrscht?

Zahlen und Fakten

Nur jede dritte Führungskraft ist eine Frau. Das belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. 2021 betrug der Anteil an weiblichen Führungskräften gerade mal 29,2 %, obwohl der Anteil der weiblichen Bevölkerung 51 % ausmacht. Im Vergleich zu 2012 veränderte sich der Anteil an weiblichen Führungskräften kaum, er stieg lediglich um 0,6 Prozentpunkte. Frauen sind folglich in Führungspositionen unterrepräsentiert. Im EU-Vergleich belegt Deutschland mit dieser Quote gerade mal den 20. Platz von 27 Ländern. Die meisten Frauen in Führungspositionen gab es 2021 in Lettland mit 45,9 %, gefolgt von Polen und Schweden - beide 43 %. Außerdem saßen laut Statista 2022 nur 15,6 % Frauen in den Vorständen der Top 200 Unternehmen in Deutschland, in Aufsichtsräten betrug die Quote 30,9 %.

Welche Maßnahmen der Politik wurden ergriffen?

Im März 2015 hat der Bundestag das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst“ beschlossen. Das Gesetz sieht eine Quote von mindestens 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten von mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen vor, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt wurden. Für alle weiteren privatwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland gilt die Verpflichtung, sich ein eigenes Ziel zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Managementebenen zu setzen. Ein Mindestziel gibt es hierbei nicht, allerdings darf die Zielquote nicht unter den aktuellen Stand sinken.

Seit 2021 gelten mit dem Zweiten Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) weitere Vorgaben in den Vorstands- und Aufsichtsgremien deutscher Unternehmen. Das Gesetz stellt eine Weiterentwicklung des Führungspositionengesetz aus dem Jahr 2015 dar und baut es weiter aus. Das Gesetz wird durch ein Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände ergänzt. So müssen börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mindestens eine Frau in den Vorstand berufen, wenn ihr Vorstand aus mehr als drei Personen besteht.

Warum sollte es mehr Frauen in Führungspositionen geben?

Zunächst muss hier der Fakt aufgeführt werden, dass Organisationen ökonomisch nachweislich besser performen, wenn sie in ihren Strukturen geschlechtliche Vielfalt berücksichtigen. Dies gilt allerdings erst, wenn mindestens 30 Prozent aller Führungsrollen und strategischen Positionen von Frauen besetzt sind, was im Rahmen der Studie „Women in Business und Management: The business case for change“ festgestellt wurde. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO hat hierfür 12.000 Unternehmen aus 70 Ländern untersucht. Zwei Drittel der Unternehmen, die sich aktiv um Geschlechtervielfalt in Führungspositionen bemühen, konnten ihre Gewinne deutlich steigern, jeweils um 10 bis 15 %. Mehr als die Hälfte der Unternehmen seien kreativer und innovativer geworden. Außerdem hätte ein höherer Frauenanteil die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern verbessert.

Ein weiterer Grund für mehr Frauen in Führungspositionen: mit ihnen kann man dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands und mehr als die Hälfte der Hochschulabsolventen dar. Frauen könnten also die fehlenden qualifizierten Fachkräfte sein, die Unternehmen so händeringend suchen. Unternehmen können ihren Pool an potenziellen Fachkräften vergrößern, indem sie es schaffen, Frauen im Recruiting besser anzusprechen. Diese These gilt nicht nur für Führungspositionen, sondern für alle zu besetzenden Positionen, denn wenn Unternehmen einen hohen Frauenanteil im Management vorweisen können, verbessert dies ihre Außenwirkung und mehr Bewerberinnen werden angezogen.

Welche Barrieren gibt es?

Frauen bekommen einen erschwerten Zugang zum Finanzmarkt. Nicht nur müssen sie mit einem durchschnittlichen Zinssatz von 3,85 %, im Gegenzug zu Männern mit 3,6 %, mehr Zinsen zahlen, sie erhalten auch generell weniger Kreditangebote. Männer erhalten in 71 % der Fälle mindestens ein Kreditangebot, bei Frauen liegt die Quote bei lediglich 64 %, so eine Studie von Verivox. Dies ist vor allem durch das durchschnittlich niedrigere Gehalt von Frauen zu begründen.

Des Weiteren sind Stereotype, was vermeintlich männliche und weibliche Eigenschaften anbelangt, immer noch vorhanden. So werden Frauen heutzutage zwar als genauso intelligent wie Männer wahrgenommen, dass Stereotyp der mitfühlenden, liebevollen und sensiblen Frau hat sich jedoch nicht nur gehalten, sondern sogar verstärkt. Männern werden hingegen Eigenschaften wie Ehrgeiz, Aggressivität und Entschlossenheit zugeschrieben, so eine Auswertung von Meinungsumfragen der letzten 70 Jahren durch die Universität Bern. Stellenprofile von Führungspositionen zielen meist eher auf die vermeintlich männlichen Eigenschaften ab, wobei eine perfekte Führungskraft laut Google-Forschungsteam beide Stereotype innehaben sollte.

Auch die Unternehmenskultur und traditionelle Arbeitsmodelle können eine Barriere für weibliche Arbeitskräfte darstellen. Viele Frauen wünschen sich neben der Karriere auch Zeit für Kinder und Familie zu haben oder tragen schlicht mehr familiäre Verantwortung. Durch steife Arbeitszeitmodelle und dadurch, dass es sich bei Führungspositionen in den meisten Fällen um Vollzeitstellen handelt, wird der Zugang erschwert.

Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen

Frauen benötigen eine neue Unternehmenskultur. Das bedeutet konkret, dass Vorteile von Frauen in Führungspositionen und gemischten Teams gesehen und gefördert werden. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss gewährleistet sein. Hierfür müssen Voraussetzungen geschaffen werden. Flexible Arbeitszeiten und -ort, sowie eine flexible Gestaltung der Erziehungszeit sind hierfür notwendig. Job-Sharing, auch in Spitzenpositionen, kann eine Option darstellen. Außerdem können Angebote für eine flexible Kinderbetreuung unterstützend sein. Auch die Option auf Teilzeit und die Akzeptanz dafür, nicht dauerhaft erreichbar zu sein, könnte mehr Frauen in Führungspositionen befördern. All diese Maßnahmen kommen auch männlichen Führungskräften zugute.

Auch das Recruiting wird in einigen Firmen immer noch stark von Stereotypen bestimmt: Frauen werden nicht eingestellt, weil befürchtet wird, dass sie bald schwanger werden. Weitere Punkte sind, dass Führungskräfte oft selbst Männer sind und Männer in Bewerbungsgesprächen tendenziell selbstbewusster wahrgenommen werden. Ein standardisiertes Auswahlverfahren und objektive Kriterien können hier Abhilfe schaffen, denn Charakter, Qualifikation und Erfahrung sollten entscheidend für die Einstellung sein.

Des Weiteren ist ein gutes Employer Branding für Firmen, die mehr Vielfalt in Führungspositionen wollen, entscheidend. Eine Außendarstellung, welche beispielsweise eine Familienfreundlichkeit zeigt, hilft dabei, mehr Bewerbungen von Frauen zu bekommen.

Abschließend bleibt zu sagen, dass es in Deutschland ein großes Entwicklungspotential für Frauen in Führungspositionen gibt. Die politischen Maßnahmen helfen bei der Erreichung der Frauenquote. Aber vor allem Unternehmen sollten sich Maßnahmen überlegen, wie sie mehr Diversität in die Führungsetage bringen können. Wichtig zu betonen ist außerdem, dass es hier nicht darum geht, ob Frauen oder Männer die besseren Führungskräfte sind. Frauen sollen lediglich gleichberechtigt sein, nicht unterrepräsentiert. Die Mischung ist entscheidend, denn Männer und Frauen bringen unterschiedliche Eigenschaften und Perspektiven mit. Die richtige Kombination der Eigenschaften macht ein Unternehmen erfolgreich.

Dieser Artikel erhebt keineswegs Anspruch darauf auf alle Frauen zuzutreffen, sondern soll Bewusstsein für solche und ähnliche Problemfelder schaffen. Wichtig ist es im Einzelfall individuelle Lösungen zu erarbeiten und flexibel zu agieren, weswegen eine große Verantwortung in den Unternehmen selbst liegt. 

 

 

Quellen:

https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/frauen-fuehrungspositionen.html

https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeitsmarkt/Qualitaet-der-Arbeit/_dimension-1/08_frauen-fuehrungspositionen.html

https://www.lpb-bw.de/frauenquote-gesetz#:~:text=Es%20legt%20eine%20Quote%20von,auf%20105%20deutsche%20Firmen%20zu.&text=Das%20Gesetz%20zur%20Frauenquote%20ist,Januar%202016%20in%20Kraft%20getreten

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-und-arbeitswelt/quote-privatwitschaft/mehr-frauen-in-fuehrungspositionen-in-der-privatwirtschaft-78562

https://background.tagesspiegel.de/gesundheit/es-braucht-mehr-frauen-in-fuehrungspositionen

https://www.ilo.org/berlin/presseinformationen/WCMS_703609/lang--de/index.htm

https://www.personio.de/hr-lexikon/frauen-in-fuehrungspositionen/#statistik-wie-hoch-ist-der-anteil-von-frauen-in-fhrungspositionen-in-deutschland-202122

https://www.spiegel.de/wirtschaft/hoehere-zinslast-frauen-werden-bei-der-kreditaufnahme-benachteiligt-a-741e6a78-fbbd-4b85-96ab-2f2bab553d46

https://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2019/medienmitteilungen_2019/veraenderte_geschlechtsstereotype_frauen_und_maenner_als_gleich_kompetent_wahrgenommen/index_ger.html

https://www.businessinsider.de/karriere/arbeitsleben/diese-10-eigenschaften-haben-perfekte-fuehrungskraefte-r10/